Unsere Frauen (Nos Femmes) Tragikomödie von Eric Assous
Inszenierung: Ute Richter
verlängert bis Ende Juli
Darsteller:
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Benedict Freitag als Max | Werner Opitz als Simon | Michael Schmitter als Paul |
Eric Assous schreibt gerne Stücke über Paare. Mit „Unsere Frauen“ hat er ein Schauspiel verfasst, in dem nur Männer auftreten und es dennoch permanent um die Frauen geht.
Drei alte Freunde wollen einen gemütlichen Abend zusammen verbringen. Zum einen ist da Max, ein Radiologe und Ästhet, der in seiner großzügigen Wohnung standhaft alleine lebt und Schallplatten liebt. Der zweite ist Paul, ein Allgemeinmediziner, vermeintlich glücklicher Ehemann und Vater mit wenig Ahnung von seinen Kindern und deren Wünschen. Und dann gibt es da noch ihren Kumpel Simon, den Friseursaloninhaber. Er kommt zu spät. Er ist angetrunken und extrem aufgewühlt.
Denn er hat gerade im Affekt seine Frau erwürgt. Und jetzt?
Sofort zur Polizei gehen, sich stellen, empfiehlt Max. Sofort fliehen, untertauchen, meint Paul. Ihm einfach ein Alibi geben, schlägt Simon vor. Während Simon, nach reichlichem Tablettenkonsum in komaähnlichen Schlaf fällt, diskutieren sich die beiden anderen die Köpfe heiß: Wie weit kann – darf – muss Freundschaft gehen?
Le Figaro schrieb nach der Uraufführung von Nos Femmes im Théâtre de Paris (12.09.2013: „Gehen Sie hin, weil man lacht und nachdenkt…alles, was wir lieben am Theater…
“Im Hamburger Abendblatt hieß es nach der deutschsprachigen Erstaufführung in den Hamburger Kammerspielen (25.10.2014): „Heiter und intelligent verhandelt das Stück Freundschaft und Selbstbetrug.“
Bilder
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Pressestimmen
Rhein-Neckar-Zeitung 28. Februar/1. März 2015
Estelle liegt erwürgt auf dem Teppich
Ganz schön mörderisch: Ute Richter inszeniert „Unsere Frauen“ von Eric Assous im Heidelberger Zimmertheater
Von Volker Oesterreich
Treffen sich drei Männer in einer Wohnung, sagt der eine . . .: Aus dieser Konstellation lassen sich fantastische Witze und feinsinnige Komödien schmieden. In hervorragender Weise hat das Yasmina Reza gezeigt, deren Drei-Kerle-Klamotte „Kunst“ vor mehreren Jahren im Heidelberger Zimmertheater ein großer Publikumshit war und kürzlich auch beim großen Bruder, im Heidelberger Theater, für zwerchfellerschütternde Situationen sorgte. Bei Reza geraten drei gut situierte Herren in einen heftigen Streit um ein weißes Werk der modernen Kunst.
Das hatte was, doch nun kommt’s noch heftiger. Denn in der ebenfalls mit drei männlichen Exemplaren fortgeschrittenen Alters besetzen Krimi-Komödie „Unsere Frauen“ sorgt keine „sauteure Scheiße“ für Konflikte, sondern – man ahnt es ja aufgrund des Titels – der schönere und klügere Teil der Menschheit. Frauen treten zwar in Eric Assous Stück nicht auf, aber gedanklich sind sie permanent präsent. Deshalb könnte man die Tragikomödie sehr frei nach Peter Hacks auch „Gespräche im Hause Max über die abwesenden Frauen eines maskulinen Trios“ nennen.
Aporopos schönes Geschlecht: Eine der abwesenden Damen sieht vermutlich gar nicht mehr so toll aus. Denn Estelle liegt tot auf dem Teppich, erwürgt von Simon, der sein Ehemartyrium einfach nicht mehr ausgehalten hat. So die Ausgangssituation. Der Eingangssatz lässt sich also leicht variieren: Treffen sich drei Freunde, sagt der eine: „Ich habe Estelle umgebracht.“ Scherzt der Zweite: „Jetzt erst?“ Worauf der Dritte unter Gelächter seufzt: „Endlich!“
Und schon sind wir mittendrin im Schlamassel, denn Simon meint es ernst und bittet seine beiden Freunde um ein Alibi. Max und Paul sollen behaupten, er sei pünktlich um neun zum Kartenspiel erschienen und nicht verspätet, sodass die Polizei annehmen muss, ein anderer habe Estelle auf dem Gewissen.
Was nun folgt, ist ein flottes Dialog- Pingpong, in dem es darum geht, wie viele Lügen und wie viel Vertrauen zu einer echten Freundschaft gehören und wie die Männerwelt tickt, wenn sie an Frauen denkt. Speziell an diejenigen, mit der sie mehr oder weniger fest verbandelt ist.
Assous saugt aus diesen Situationen komödiantischen Honig. Der 1956 in Tu- nesien geborene, seit vielen Jahren in Frankreich lebende Drehbuch- und Theaterautor tut das geschickt, aber ganz so viel Esprit wie seine Kollegen Yasmina Reza hat er nicht. Dafür wildert Assous ziemlich gekonnt im kriminalistischen Revier und verblüfft seine Zuschauer mit einer überraschenden Volte am Schluss des Stücks.
Ute Richter, die Zimmertheater-Chefin, serviert die komische Kost mit der ihr eigenen Delikatesse, und ihr Darstellertrio Michael Schmitter, Benedict Freitag und Werner Opitz lässt viele verschmitzte Lebenserfahrungen durch die Dialoge blitzen. Schmitter, den das hiesige Publikum noch bestens aus „Tartuffe“ im Nationaltheater Mannheim in Erinnerung hat, spielt den kom-promissbereiten Paul. Mit den Widrigkeiten des Ehe- und Familienlebens hat sich dieser stille Dulder abgefunden, und zu der einen oder anderen Notlüge ist Paul auch bereit. Auch für Simon würde er zwecks eines Alibis falsch Zeugnis reden. Ganz anders Max. Er ist aus härterem Holz geschnitzt. So scheint es zumindest. Einen Mord will er auf keinen Fall decken.
Drei Kerle, aber unendlich viele Meinungen über die wahren Werte von Freundschaft, über ein Verbrechen und die Frauen. Für Simon ist das zuviel, weshalb er auch zuviel schluckt: Hochprozentiges und Tabletten. Dadurch ist er weite Teile des Abends betäubt, sodass aus der Dreier-Klamotte ein Zwei-Herren-Disput wird, ausgetragen in Max’ Wohnung, der Ute Richter eine zeitlose Wohnzimmer-Noblesse gegeben hat. Sie kontrastiert mit den vieldeutigen Dialogen und den ebenso vieldeutigen Gemälden Gerlinde Britschs an den Wänden. Das Publikum lässt sich’s schmecken, es kommt rasch in Fahrt, kichert viel und spendet am Ende reichlich Applaus.
Mannheimer Morgen 3. März 2015
Mit Charme, Chic und viel Esprit
Von Eckhard Britsch
Eine Troika in Nöten. Plötzlich müssen drei Herren der Schöpfung in sich gehen, denn etwas Unvorherge- sehenes zerbricht einen netten Herrenabend. Eigentlich wollten sie nur Karten spielen, aber Simon kommt mit reichlich Verspätung ins elegante Loft; angetrunken, derangiert, völlig neben sich.
Was Wunder, hat er doch gerade seine Frau erwürgt und hofft darauf, dass ihm die alten Freunde Max und Paul aus der Patsche helfen. Am Ende wird es ein wenig anders, aber das steht bei einer Tragikomödie auf dem letzten Blatt.
Der Franzose Eric Assous, renommierter, hoch dekorierter Theaterautor und Filmemacher, hat mit „Unsere Frauen“ ein Stück voll Charme, Chic und Esprit geschrieben, das Intendantin (und Bühnenbildnerin) Ute Richter am Heidelberger Zimmertheater als geniale Steilvorlage für eine – vorhersehbare – Erfolgsproduktion nimmt. Denn diese Regisseurin, die textliche Nuancen in feine darstellerische Schwingungen umsetzt, spiegelt hier das Innenleben der Protagonisten an virtuellen Frauenbildern, mit denen sie partout nicht zurecht kommen.
Was ist „Frau“? Femme fatale oder nur langweilig, fad oder Trophäe, oder gar ein Wesen, auf das man sich besser nicht einlässt? Die alt gewordenen Jungs rätseln und müssen sich aus der Unverbindlichkeit ihrer Selbstzentrierung lösen. Auf der stimmigen, mit Gemälden ausstaffierten Bühne agiert das Darsteller-Trio immer dichter im Ausspielen geistvoll-witziger Dialoge, um sich dem Punkt der Selbsterkenntnis zu nähern.
Auftrumpfende Darsteller Werner Opitz gibt dem (vermeintlichen) Mörder die robusten, dennoch differenzierten Züge eines Kleinunternehmers, der am Ende halbwegs gefasst seinem Schicksal entgegensieht. Den unentschlossenen Softie Paul, der nur mühsam zur eigenen Meinung stehen will, spielt Michael Schmitter in sensibler Ausleuchtung dieser Figur. Und Benedict Freitag ist als Max ein souverän auftrumpfender Darsteller, der vom Hagestolz zur Paar-Bereitschaft mutiert. Am Ende Begeisterung.